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# Das Porträt als Projektionsfläche der Inszenierung
# Portrait as staging
## Political proclamation
The [Portrait of Anne, Queen of England](item/306) is among the depictions that enable the sitter to be clearly identified by her (garment) jewellery. The collar draws the eye to the jewellery elements attached to it: two monogram jewels attached to the collar by means of red silk bows. A crowned monogram jewel in the shape of a ["C4"](media/56281), consisting of set gemstones, is attached to the left edge of the collar. The right edge of the collar is adorned with a piece of jewellery in the shape of a crowned ["S"](media/56282). On her left breast, the sitter wears a medallion set with gemstones, also fastened with a red bow. Like clothing, jewellery can be read as a painted system of references: Jewellery linked the individual to a social group and allowed him/her to set him/herself apart from it. Jewellery monograms, portrait pendants and medal jewels sent political messages to the viewer and referred to alliances, claims and affiliations.

## Politische Proklamation
Das [Bildnis von Anna, Königin von England](item/306) gehört zu den Darstellungen, die es erlauben, die Porträtierten durch ihren (Gewand)Schmuck eindeutig zu identifizieren. Der Kragen lenkt den Blick auf die dort befestigten Schmuckelemente: zwei Monogrammjuwelen, die mittels roter Seidenschleifen am Kragen befestigt sind. Am linken Kragenrand ist ein überkrönter Monogrammschmuck in der Form eines [„C4“](media/56281), bestehend aus gefassten Edelsteinen, befestigt. Den rechten Kragenrand ziert ein Schmuckstück in Form eines gekrönten [„S“](media/56282). An der linken Brust trägt die Dargestellte, ebenfalls mittels einer roten Schleife befestigt, ein mit Edelsteinen besetztes Medaillon. Schmuck ist – ähnlich wie Kleidung – als gemaltes Verweissystem zu lesen: Preziosen verbanden das Individuum mit einer sozialen Gruppe und erlaubten ihm/ihr, sich davon abzusetzen. Schmuckmonogramme, Bildnis-Anhänger, Ordenskleinodien sendeten politische Botschaften an den Betrachter und verwiesen auf ­Allianzen, Ansprüche und Zugehörigkeiten. Der Schmuck der Dargestellten weist sie als Anna von ­Dänemark, Königin von England aus. Prinzessin Anna von Dänemark wuchs als zweite Tochter von König Frederik II. von Dänemark (1534–1588) und seiner Frau Sofie von Mecklenburg-Güstrow ­(1577–1631) gemeinsam mit ihrem Bruder Christan IV. (1577–1648) im prosperierenden Königreich ­Dänemark auf. Am 20. August 1589, im Alter von 15 Jahren, wurde Anna mit Jakob IV., König von Schottland, nach lutherischem Ritus in Dänemark vermählt und siedelte im folgenden Jahr für die kommenden 13 Jahre nach Schottland über, bevor sie gemeinsam mit Jakob IV. 1603 die Reise zur Inthronisierung ihres Gatten, in Folge [Jakob I., König von England und Irland](item/49314), nach London antrat. Die Monogramm-Juwelen [„C4“](media/56281) und [„S“](media/56282) verweisen auf ihren Bruder, Christian IV. und ihre Mutter, Sofie von Mecklenburg. Der Schmuck wird hier zu einer vielschichtigen Informationsquelle: Die Monogrammjuwelen weisen die Dargestellte nicht nur als Anna, Königin von England aus, sondern repräsentieren ihre enge persönliche und politische Verbindung zu ihrer Mutter Sofie und zu ihrem Bruder Christian.
Die dargestellte Gewandung ist ­naturgemäß ebenso ikonologisch aufgeladen. Anna trat das Erbe eines Repräsentationsstiles an, welches von der mächtigen Herrscherin, Elisabeth I., und einer starken visuellen Tradition geprägt war. Den Stuartkragen, eine Abwandlung des Medici-Kragens, war von Königin Elisabeth I. am englischen Hof eingeführt worden. Anna stellte sich in deren Nachfolge und übernahm einen Kleiderstil, um die ­Kontinuität der Bildtradition zu gewährleisteten. Die Reifrockvariante, die in den Jahren zwischen 1590 und 1600 getragen wurde und die an einem Bildnis von Elisabeth I., dem sogenannten [Ditchley-Porträt](https://www.npg.org.uk/collections/search/portrait/mw02079/Queen-Elizabeth-I-The-Ditchley-portrait?search=sp&sText=Ditchley-Porträt&firstRun=true&rNo=0), ablesbar ist, war zu Regierungszeiten Annas modisch bereits abgelöst worden. In Fortführung der höfischen Kleidertradition ließ sich Anna jedoch mit diesem Typus des Reifrocks porträtieren.
The sitter's jewellery identifies her as [Anna, Queen of England](item/9428). Anna, formerly Princess of Denmark, grew up as the second daughter of King Frederik II of Denmark (1534-1588) and his wife Sofie of Mecklenburg-Güstrow (1577-1631) together with her brother Christan IV (1577-1648) in the prosperous Kingdom of Denmark. On 20 August 1589, at the age of 15, Anna was married to James IV, King of Scotland and subsequently [James I, King of England and Ireland](item/49314) according to the Lutheran rite in Denmark and moved to Scotland the following year for the next 13 years. In 1603, she and her husband travelled to London for the enthronement. The monogram jewels ["C4"](media/56281) and ["S"](media/56282) refer to her brother, Christian IV, and her mother, Sofie of Mecklenburg. The jewellery here becomes a multi-layered source of information: the monogram jewels not only identify the sitter as Anne, Queen of England, but also refer to her close personal and political ties to her mother Sofie and her brother Christian.

Zusammenfassend kann die ikonologische Bedeutungsebene des Schmucks, die das königliche Motto *La mia grandezza dal eccelso* unterstreicht, wie folgt beschrieben werden: Die christliche Ebene des Glaubensbekenntnisses nehmen die Schmuckstücke in Kreuzform auf. Die dynastische und persönliche Ebene wird repräsentiert durch den Monogrammschmuck. Als dritte Bedeutungsebene kommt die moralische Ebene hinzu, welche in Bildnissen Annas beispielsweise durch eine Armbrust dargestellt wird. In der bildfüllenden Präsenz und der vestimentären Opulenz der Dargestellten steht das Bildnis von Anna in einer Bildtradition, die Elisabeth I. eingeführt hatte.
The garments depicted are by nature just as iconologically charged. Anne inherited a style of representation that was characterised by the powerful ruler, Elizabeth I, and a strong visual tradition. The Stuart collar, a variation on the Medici collar, had been introduced to the English court by Queen Elizabeth I. Anne followed in her footsteps and adopted a style of dress to ensure the continuity of the visual tradition. The hoop skirt variation, which was worn in the years between 1590 and 1600 and can be seen in a portrait of Elizabeth I, the so-called [Ditchley portrait](https://www.npg.org.uk/collections/search/portrait/mw02079/Queen-Elizabeth-I-The-Ditchley-portrait?search=sp&sText=Ditchley-Porträt&firstRun=true&rNo=0), had already been replaced in fashion during Anna's reign. In continuation of the courtly dress tradition, however, Anne had herself portrayed wearing this type of hoop skirt.

Die ganzfigurigen Porträts von Paul van Somer (ca. 1576–1621) und seiner Werkstatt, wie jenes Bildnis aus dem *[Royal Collections Trust London](item/45250)* können als Vorbild für weitere von seinen Nachfolgern geschaffenen Brustbildern ist. Er schuf diese in den Jahren zwischen ca. 1617 und 1618 für das englische Königshaus. Das Berliner Gemälde verweist stilistisch auf Paul van Somer oder seine Werkstatt.
To summarise, the iconological level of meaning of the jewellery, which underlines the royal motto *La mia grandezza dal eccelso*, can be described as follows: The Christian layer of the confession of faith is taken up by the jewellery in the shape of a cross. The dynastic and personal level is represented by the monogram jewellery. The third dimension of meaning is the moral dimension, which is represented in portraits of Anna by jewellery in the shape of a crossbow, for example. In the picture-filling presence and the vestimental opulence of the sitter, the portrait of Anne is part of a pictorial tradition that Elizabeth I had introduced.

## Wechselporträts im Miniaturformat
Das ovale Miniaturbildnis einer [Frau mit Spitzendekolleté und Perlenhalskette](item/464) zeigt eine nach links ausgerichtete junge Frau im Brustformat. Das rote, bauschig fallende und tief dekolletierte Kleid wird von einem Spitzenkragen gesäumt. Eine Perlenkette liegt eng am Hals und eine Haube fasst die am Hinterkopf zu einem Dutt arrangierten Haare zusammen. Das betont schlicht angelegte Bild der jungen Frau war Teil eines "Wechselbildes", ein im höfischen Kontext des 17. Jahrhundert anzutreffendes Phänomen. Dabei wurden bemalte Folien auf das Abbild aufgelegt und die unterschiedlichen Motive auf den Folien veränderten die Identität der Dargestellten: Aus einer jungen Frau wurde wahlweise [ein junger Mann mit Schnurrbart, Halskrause und Hut, eine Nonne im Ordenskleid, eine Dame mit Löwenkopf, eine maskierte elegante Dame, ein Orientale oder ein Pirat](https://www.gardnermuseum.org/experience/collection/15800). So wandelte sich die Frau analog zu den Folien, von denen bis zu 23 unterschiedliche Stücke überliefert sind.
Der Typus der Frau auf der vorliegenden Variante von Wechselbildern entwickelte sich im Laufe der Zeit, wie Evelyn Ackerman in dem Aufsatz *Costume is the Key. Seventeenth Century Miniature Portraits with Overlays*[^1] zeigte. Für dieses Verwandlungsspiel eigneten sich aufgrund ihrer Zeitlosigkeit die schlicht gehaltenen Bildnisse besonders gut. Die Identität des weiblichen Bildnisses wird noch diskutiert, Ackerman vertritt die nachvollziehbare Ansicht, dass es sich bei der Dame, die der Lipperheideschen Miniatur ähnelt, um [Henrietta Maria, Königin von England, Schottland und Irland](item/45244) und Frau von Karl I., handelt. Unterstützt wird diese These zum einen durch ein vergleichbares Bildnis, das [Abbild von Henrietta Maria im Royal Collections Trust](https://www.rct.uk/collection/422348/set-of-mica-overlays-and-miniature-of-henrietta-maria-1609-1669) und zum anderen durch eine Reihe von königlichen Attributen auf den Wechselfolien, wie beispielsweise den Hermelinpelz. Vergleichbar ist das unter dem Titel [Miniature Portrait with Overlays](https://collections.lacma.org/node/224596) geführte und circa 1650 ausgeführte Miniaturbildnis. Für dieses Porträt zeigt Ackermann zehn vergleichbare Miniaturen aus verschiedenen Sammlungen auf.[^2] Auch Sandra L. Rosenbaum verweist in ihrem Aufsatz *Seventeenth Century Miniature Portraits with Costume Overlays* auf eine Miniatur, welche die gleichen Kleiderelemente zeigt.[^3] Variierend kommt der Typus einer hellbrünetten Haartracht oder ein grünes, anstelle eines roten Kleides ins Spiel. Denis Bruna wiederum zeigt in dem Ausstellungskatalog *Tenue correcte exigée: quand le vêtement fait scandale*[^4] ein Bildnis, welches dem Abbild aus der Sammlung Lipperheide hinsichtlich des Stils, der Posen, der Farbigkeit und der Accessoires am nächsten kommt.
The full-length portraits by Paul van Somer (ca. 1576-1621) and his workshop, such as the *[Portrait](item/45250)* from the Royal Collections Trust London, can be seen as a model for other bust portraits created by his successors. He created these for the English royal family between around 1617 and 1618. The Berlin painting refers stylistically to Paul van Somer or his workshop.

Den ca. 25 unterschiedlichen überlieferten Frauenbildnissen mit Folien stehen etwa 17 bis 20 männliche Bildnisse mit entsprechenden Wechselfolien gegenüber. Das am häufigsten überlieferte Wechselbild eines Mannes war das Miniaturbildnis von [Karl I., König von England, Schottland und Irland (1600–1649)](item/9389). So besitzt der Royal Collection Trust ein [Porträt von Karl I. mit insgesamt 12 Wechselbildern](https://www.rct.uk/collection/422099/charles-i-1600-1649).
## Interchangeable portraits in miniature format
The oval miniature portrait of a *[Woman with lace décolleté and pearl necklace](item/464)* shows a young woman in bust format, facing left. The red, puffy, low-cut dress is lined with a lace collar. A pearl necklace fits snugly around her neck and a bonnet ties her hair into a bun at the back of her head. The decidedly simple image of the young woman was part of a so-called *interchangeable portrait*, a phenomenon found in the courtly context of the 17th century. Painted transparencies were applied to the image and the different motifs on the transparencies changed the identity of the sitter: A young woman could become a young man with a moustache, ruff and hat, a nun in a nun's habit, a lady with a lion's head, a masked elegant lady, an oriental or a pirate, as the [specimen from the Garnermuseum](https://www.gardnermuseum.org/experience/collection/15800) shows. The woman changed in the same way as the foils, of which up to 23 different pieces have survived.

Derartige Metamorphosen entlehnten ihre Kleiderelemente aus zeitgenössischen Grafiken, wie beispielsweise aus den Darstellungen von [Wenzel Hollar](item/9799). Hier stand etwa die Kopfbedeckung in dem Blatt [Mulier Coloniensis bonae qualitatis](https://hollar.library.utoronto.ca/islandora/object/hollar%3AHollar_k_1751) Pate für ein Wechselbil mit ähnlichem Aussehen. Nicht ungewöhnlich waren auch ganzfigurige Bildnisse.
The type of woman in this variation of interchangeable portraits developed over time, as Evelyn Ackermann showed in the essay *Costume is the Key. Seventeenth Century Miniature Portraits with Overlays*[^Ackerman 2007]. Due to their timelessness, the simple portraits were particularly suitable for this game of transformation. The approximately 25 different surviving female portraits with overlays are contrasted with around 17 to 20 male portraits with corresponding interchangeable overlays. The most frequently surviving interchangeable portrait of a man was the miniature portrait of [Charles I, King of England, Scotland and Ireland (1600-1649)](item/9389). The Royal Collection Trust owns a [portrait of Charles I with a total of 12 interchangeable portraits](https://www.rct.uk/collection/422099/charles-i-1600-1649). While the identification of Charles I can be considered certain, the identity of the female portrait is still under debate; Ackerman argues that the lady who resembles the Lipperheide miniature is [Henrietta Maria, Queen of England, Scotland and Ireland](item/45244) and wife of Charles I. This theory is supported on the one hand by a comparable portrait, the [Picture of Henrietta Maria](https://www.rct.uk/collection/422348/set-of-mica-overlays-and-miniature-of-henrietta-maria-1609-1669) from the Royal Collections Trust, and on the other hand by a number of royal attributes on the interchangeable foils, such as the ermine fur. For this miniature portrait, Ackermann lists ten comparable miniatures from various collections [^Cf. Ackerman 2007, figs. 1-6 and 7-11. According to Ackermann and Sandra L. Rosenbaum, the depictions of the accessories and fashionable elements are also derived from the engraving series "Ornatus Muliebris Anglicanus" (1638-1640) by Wenzel Hollar]. In her essay *Seventeenth Century Miniature Portraits with Costume Overlays*, Sandra L. Rosenbaum refers to a miniature that shows the same dress elements [^Rosenbaum 2007, fig. 3].

Such metamorphoses borrowed their clothing elements from contemporary prints, such as the depictions by [Wenzel Hollar](item/9799). Here, for example, the headdress in the sheet [Mulier Coloniensis bonae qualitatis](https://hollar.library.utoronto.ca/islandora/object/hollar%3AHollar_k_1751) was the inspiration for a changing image with a similar appearance. Full-length portraits were also not uncommon.

# Allegory of the Five Senses
Like other cycles - for example the Four Continents or the Deadly Sins - the Five Senses became a popular allegorical subject in the 16th century, spreading mainly through Dutch prints. The five senses gustus, odoratus, visus, auditus and tactus are accompanied by animal symbols or attributes. The sense *Visus* is accompanied by the animals eagle, lynx, cat or owl or the attributes telescope, magnifying glass, spectacles or [mirror](item/10538). The sense of hearing (Auditus) is accompanied by a boar, a mole or deer or a musical instrument, usually the lute. The sense of smell (Oderatus) has as companion either a vulture or dog or as an attribute a [flower](item/10300), usually the [carnation](item/45235). Taste (Gustus), as in this example *[The Taste](item/538)*, is accompanied by a [monkey](item/10475) or represented with fruits, a fruit basket or with [wine glass](item/10431). As fifth sense is considered to be the sense of touch (tactus), which is accompanied either by a spider, a turtle, a scorpion or a [bird](item/10587) with a symbolic content, such as an [ornamental bird](item/583) pecking into the hand, or by a harp.
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